00:12
Sunday | April 20

Da stand er nun - mit hängendem Kopf, mit leerem Blick, mit der Hand vorm Gesicht. Harry Kane war es auch an diesem 14. Juli 2024 nicht vergönnt, seinen ersten Mannschaftstitel auf Vereins- oder Länderebene zu erringen.

Mit hängendem Kopf: Der weiterhin titellose Harry Kane läuft am EM-Pokal vorbei - schon wieder.

Mit hängendem Kopf: Der weiterhin titellose Harry Kane läuft am EM-Pokal vorbei - schon wieder. IMAGO/Shutterstock

Im Sport wird gern und schnell mal von einer Horrorserie oder einem Fluch geschrieben - wenn zum Beispiel ein Team seit etlichen Spielen nicht mehr gewinnt oder ein anderes einfach den Angstgegner nicht schlagen kann. Doch selten passen diese Begriffe so gut wie im Falle von Harry Kane.

Vor fast genau elf Monaten war der englische Torgarant nach über zehn Jahren bei Tottenham Hotspur (257 Treffer in 386 Spielen) mit der großen Hoffnung auf Titel für über 100 Millionen Euro nach München gewechselt - und hatte den Supercup zum Auftakt verloren (0:3 gegen Leipzig), später ein jähes DFB-Pokal-Aus gegen Saarbrücken (1:2), das Verpassen der angestrebten Bundesliga-Meisterschaft und das dramatische Aus im Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid (1:2 im Rückspiel) verkraften müssen.

Und auch im Trikot seines Heimatlandes wurde es nicht besser - schon wieder nicht, um genau zu sein. Gleich zum zweiten Mal in Folge nämlich verlor Kane nun das EM-Finale: im Sommer 2021 im Elfmeterschießen gegen Italien, nun mit einem späten 1:2 gegen Spanien. Übrig blieb für den sichtlich niedergeschlagenen Kapitän der Three Lions, der an der EM-Trophäe geknickt vorbeischlich, sich die Hand vors Gesicht hielt und ins Leere blickte, wieder nur "ein Trostpreis": Der Bayern-Profi gewann mit fünf (!) anderen Spielern die Trophäe des EM-Schützenkönigs mit seinen drei Treffern.

"Das ist sehr schmerzhaft"

Die vielen individuellen Preise seiner Karriere - unter anderem dreimaliger Torschützenkönig der Premier League, Top-Torjäger der WM 2018 und zuletzt Bundesliga-Kanonier mit 36 Treffern in 32 Ligapartien - trösten nur schwach über diesen Fakt hinweg. Denn schon vor diesem abermals verlorenen EM-Finale hatte Kane auf einen sportlichen Titelfluch angesprochen gesagt: "Mit jedem Jahr, das vergeht, ist man motivierter und entschlossener, es zu schaffen. Es ist ja kein Geheimnis, dass ich noch keinen Pokal mit einer Mannschaft gewonnen habe. Ich würde alle Auszeichnungen meiner Karriere hergeben, wenn wir morgen gewinnen."

24 Stunden später musste Kane konstatieren: Auch dieses Mal sollte es nicht sein, das Trophäenregal fürs Große blieb unberührt.

Mit etwas Abstand zum zweiten verlorenen EM-Finale in Folge - 2021 im Londoner Wembley Stadium hatte er durchgespielt, dieses Jahr musste der wohl nicht in kompletter Top-Verfassung spielende Anführer in der 61. Minute runter - sagte Kane nun im Gespräch mit der UEFA: "Das ist schwer, in Worte zu fassen. Wenn so eine Chance kommt, dann musst du zupacken - doch wir haben es wieder nicht gemacht. Es wird uns lange nachhängen, dass wir es wieder nicht geschafft haben nach dem Turnier Zuhause. Das ist sehr schmerzhaft."

Wird es Kane jemals schaffen?

Harry Kane

Ihm gefielen die Momente nach Schlusspfiff selbstverständlich nicht gut: Harry Kane wirkt bedient. Getty Images

Gerade die Tatsache, dass der 1:2-Gegentreffer durch Spaniens Joker und EM-Matchwinner Mikel Oyarzabal so spät gefallen war und obendrein Dani Olmo das schier sichere 2:2 zum Auftakt der Verlängerung heldenhaft verhindert hatte, quälte Kane: "Das ist wirklich schwer zu verkraften. Es ist schwierig, auszudrücken, was wir alle gerade fühlen."

In England formulierte es die Sun derweil so: "Die Three Lions müssen im EM-Finale erneut Kummer erleiden Tragischerweise und unglaublicherweise geht Harry Kanes qualvolle Suche nach einem Pokal immer noch weiter und man muss sich fragen, ob er es jemals schaffen wird."

Aufgeben wird der 30-jährige Top-Stürmer aber sicher nicht, neue Angriffe mit dem FC Bayern und der englischen Nationalmannschaft stehen bevor, ehe am Horizont die WM 2026 winkt.