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Mit acht Treffern und neun Assists war Vincenzo Grifo in der vergangenen Saison Freiburgs bester Torschütze und bester Vorbereiter. Auch unter dem neuen Coach Julian Schuster will er weiter vorangehen.

Geht als Erfahrener voran: Vincenzo Grifo. IMAGO/Steinsiek.ch
Aus dem Freiburger Trainingslager in Schruns (Österreich) berichtet Thiemo Müller
Wenn seine gefürchteten Freistoßflanken mit dem rechten Fuß messerscharf von der linken Seite Richtung langen Pfosten fliegen, geht auf der Tribüne des Sportplatzes in Schruns ein Raunen durchs Publikum. Nicht nur beim Standardtraining an diesem Mittwoch ist Vincenzo Grifo (31) anzumerken: Der Routinier und Topscorer hat seine insgesamt achte Saisonvorbereitung beim SC einmal mehr hochmotiviert in Angriff genommen. Das ist ebenso beim Treffen mit dem kicker im Mannschaftshotel zu spüren. Dort spricht Grifo unter anderem über ...
... die These, Julian Schuster sei als Trainer näher an der Mannschaft als sein Vorgänger: "Das stimmt nicht. Denn Christian Streich war ebenfalls sehr, sehr nahe an der Mannschaft. Er hat sich sehr viel Zeit genommen für Gespräche mit den Jungs. Mit den Jüngeren genauso wie mit uns Erfahrenen. Julian macht es genauso. Wir haben schon sehr viel Input bekommen, konnten viel aufsaugen, in den Trainingsformen und über Videoanalysen."
... die Wahrnehmung des Trainerwechsels als Einschnitt: "Wir Spieler empfinden das sicher deutlich anders als Außenstehende. Natürlich merken wir auch, dass Christian Streich nicht mehr da ist. Aber der Übergang zu Julian ist für uns inhaltlich kein Bruch. Er wurde ja genauso von Christian Streich geprägt wie wir alle - oder sogar noch mehr. Zudem ist er sehr, sehr lange im Verein, hat eine besondere Verbindung zu den Fans wie auch zu uns Spielern."
Die Frage nach Julians Autorität stellt sich in der Mannschaft überhaupt nicht.
... Schusters Autorität als Vorgesetzter gegenüber ehemaligen Mitspielern: "Julian war schon als Spieler ein Leader, der Verantwortung übernommen hat. Er hat bereits damals immer die richtigen Worte gefunden und die passenden Ansprachen gehalten. An vielen seiner Charakterzüge haben wir gespürt, dass sein Weg in Richtung Trainerlaufbahn gehen könnte. Wir waren zwar einerseits Teamkollegen, andererseits war er schon damals eine Respektsperson für uns Jüngere, nicht nur wegen des Altersunterschieds. Wir haben ihm immer sehr, sehr gerne zugehört, weil er schon damals sehr viel von Fußball verstanden hat, im taktischen wie im spielerischen Bereich. Dazu kommt, heute wie damals, seine menschliche Komponente neben dem Platz. Die Frage nach seiner Autorität stellt sich in der Mannschaft überhaupt nicht, auch nicht bei uns als ehemaligen Mitspielern."
... die eigene Verantwortung als Führungsspieler: "Julian ist Trainer geworden, wir sind älter und erfahrener geworden, damit jetzt auf der Stufe als Führungsspieler, auf der Julian früher war. So hat sich in gewisser alles nach oben verschoben. Ich fühle mich sehr, sehr wohl damit, Verantwortung zu übernehmen, auf und neben dem Platz. Mit meiner Erfahrung möchte ich den Jungs die Hand reichen, damit sie sich gut integrieren und in der Gruppe ankommen. Gleichzeitig geht es um die Vermittlung von Disziplin: Als Profi musst du immer bis an die Kante gehen - und gerade als Erfahrener muss ich zeigen, dass ich vorangehe. Für die Jungen ist es wichtig, das zu sehen. Gleichzeitig wollen wir es als Führungsspieler dem Trainer und seinem Team so einfach wie möglich machen."
Ich bin topfit und habe weiter die Gier, jede Minute auf dem Platz zu stehen.
... seinen persönlichen Anspruch und die Diskussion um sinkende Einsatzzeiten in der vergangenen Rückrunde: „Ich bin topfit und habe weiter den Ehrgeiz und die Gier, möglichst jede Minute auf dem Platz zu stehen Der Trainer hat aber natürlich immer auch eine gewisse Vision. In einer Saison mit Dreifachbelastung wie in der vergangenen brauchst du sowieso alle. Wenn der Trainer die Idee hat, einen mal früher rauszuholen, muss man das akzeptieren, auch wenn es einem in dem Moment sicher nicht gefällt. Wenn man meine Laufwerte sieht, bin ich schon nach wie vor weit vorne mit dabei. Und die Scorer-Statistik ist auch nicht so schlecht. Aber ein Trainer hat immer das große Ganze im Blick. Christian Streich hat mir dann schon auch mal erklärt, dass er mich in bestimmten Spielen lieber von der Bank bringt, wenn der Gegner schon ein bisschen müde ist, um den entscheidenden Punch zu setzen. Ob der Matchplan dann so aufgeht, weiß man immer erst hinterher (schmunzelt).
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... die jüngste "Kampfansage" von Noah Weißhaupt im Duell um einen Stammplatz: „Was Noah gesagt hat, ist total in Ordnung, so soll und muss es sein. Er ist einfach ein guter Spieler und will natürlich so oft wie möglich auf den Platz. Aber das ist in meinem Fall genauso (lächelt). Letztlich geht es um die Mannschaft, nicht um Einzelne. Ich bin schon immer gut damit gefahren, einfach für die Mannschaft da sein zu wollen, natürlich mit vielen Vorlagen und vielen Toren. Konkurrenz ist immer wichtig, Noah und ich werden es uns also gegenseitig so schwer wie möglich zu machen - damit die Mannschaft maximal davon profitiert. Am Ende sind wir Teamkollegen, das steht über allem.
Ich werde die Europa League sicher vermissen, es war wunderschön.
... die kommende Saison ohne Europa League: "Ich hätte es mir sehr gewünscht, wieder alle drei Tage zu spielen. Ich habe immer versucht, meine Karriere danach auszurichten. Die letzten zwei Jahre hat das geklappt, es war wunderschön mit vielen tollen Erlebnissen: Athen, London, Juventus Turin. Ich werde es sicher ein Stück weit vermissen. Aber jetzt gilt es eben, dieselbe Energie ins Training zu stecken, um am Wochenende in der Liga optimal zu performen."
... die verpasste EM und seine Perspektive im italienischen Nationalteam: "Natürlich war ich erstmal ein bisschen enttäuscht, nicht dabei zu sein. Ich war ja im engeren Kreis und hatte doch relativ lange die Hoffnung, dass der Trainer sich vielleicht doch noch für mich entscheidet. Gerade bei der Heim-EM in Deutschland mit dem italienischen Trikot aufzulaufen, vor den Augen meiner Eltern, wäre ein absoluter Traum gewesen. Ich habe dann versucht, es so schnell wie möglich abzuschütteln. Ich war im Urlaub in Italien und habe dort am Fernseher die Spiele verfolgt. Natürlich habe ich mitgelitten, Italien ist mein Land, es sind meine Jungs, meine Mannschaft. Jetzt kommt vielleicht eine neue Chance, ich gebe jedenfalls mein Bestes in Freiburg. Das Thema Squadra Azzurra habe ich von meiner Seite auf gar keinen Fall abgehakt."