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Friday | September 12

Unter Andreas Schicker erlebte der SK Sturm einen ungeahnten Höhenflug. Ein Rückblick auf seine Zeit in Graz.

Andreas Schicker macht ein neues Kapitel auf.

Andreas Schicker macht ein neues Kapitel auf. GEPA pictures

Mit dem Wechsel zur TSG Hoffenheim geht für Andreas Schicker ein langgehegter Wunsch in Erfüllung: Nach insgesamt sechs Jahren beim SK Sturm Graz hat der 38-Jährige den Sprung in eine europäische Topliga geschafft. "Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass ich irgendwann den Sprung in die deutsche Bundesliga machen möchte", ließ sich Schicker am Mittwoch in einer Aussendung der Grazer zitieren, "dennoch ist mir diese Entscheidung nicht leicht gefallen".

Obwohl an und für sich eine Floskel, sind Schicker diese Worte durchaus abzunehmen. Denn bereits in der Vergangenheit hatte der Ex-Profi immer wieder Angebote aus dem Ausland vorliegen - und schlug diese stets aus, um den Erfolg in Graz nicht zu gefährden. Spätestens mit dem Double-Gewinn und der damit verbundenen Champions-League-Qualifkation hat Schicker seine Mission in der steirischen Landeshauptstadt allerdings mehr als erfüllt. Auch deshalb sei der Zeitpunkt für den Schritt in den Kraichgau, wie er gegenüber dem kicker betonte, genau der richtige.

Schicker führte Sturm in neue Sphären

Bei Hoffenheim soll Schicker nun das realisieren, was ihm bei Sturm nahezu in Perfektion gelang. Nämlich die Mannschaft mit geschickten Transfers und einer durchgängigen Spielphilosophie Stück für Stück auf die nächste Stufe zu hieven. Als Schicker im Jahr 2020 in Graz als Geschäftsführer Sport begann, war die Stimmung ähnlich angespannt wie aktuell bei der TSG. Nicht wenige erachteten den "Lehrbua" von Günter Kreissl als schlichtweg ungeeignet, um Sturm aus der sportlichen Krise zu führen. Doch Schicker strafte seine Kritiker bei seiner ersten Bundesliga-Station Lügen. Nicht nur das: Er führte den SK Sturm vor allem wirtschaftlich in völlig neue Sphären.

"Dosenöffner" war der Verkauf von Kelvin Yeboah, den Sturm im Winter 2022 für 6,5 Millionen Euro an Genau abgab. Es folgten mehrere Transfers in Millionenhöhe. Für den nunmehrigen Manchester-United-Angreifer Rasmus Höjlund kassierten die Schwarz-Weißen insgesamt etwa 20 Millionen Euro. Etwas, das vor Schickers Amtsantritt undenkbar gewesen war.

Durch die millionenschweren Transfers gelang es Sturm, peu à peu die Lücke zu Ligakrösus Red Bull Salzburg zu schließen. Erstes Anzeichen dafür war der Pokalsieg im Jahr 2023, in der Vorsaison gelang den Grazern dann das in Österreich schier Unmögliche: Salzburg sowohl im Cup als auch in der Meisterschaft zu knacken. Erst zum zweiten Mal in der Vereinsgeschichte durfte Sturm über das Double jubeln. "Wir haben beide Titel nach Graz geholt, trotzdem habe ich für mich nicht das Gefühl, dass es ein Ende ist", sagte Schicker damals gegenüber BlackFM. Champions-League-Nächte mit Sturm, das wollte sich der 38-Jährige keinesfalls entgehen lassen.

Sturm verzichtet auf Österreicher-Topf

Doch besagte Champions-League-Nächte verliefen nicht so, wie sich das die Vereinsverantwortlichen vorgestellt hatten. Da das heimische Stadion in Graz-Liebenau nicht den UEFA-Anforderungen entspricht, muss Sturm seine Heimspiele in der Königsklasse in Klagenfurt austragen. Zu allem Überdruss hagelte es für den Verein trotz intensiver Bemühungen von Schicker und Co. zuletzt eine Absage für den Bau eines zweiten Stadions.

Eine Absage erteilte Sturm unter Schickers Führung auch dem Österreicher-Topf. Die dadurch entstehende Beschränkung bei der Kaderzusammenstellung hatte dieser stets als Hemmschuh gesehen. Zuweilen handelte sich Schicker damit auch den Vorwurf ein, die Entwicklung österreichischer Spieler hintanzuhalten. Ein Umstand, den zuletzt auch Teamchef Ralf Rangnick kritisiert hatte.

Es sind dies kleine Nebenschauplätze, die Schickers Verdienste für die Steirer keinesfalls in Zweifel ziehen. Bei Hoffenheim, wo es für ihn auch zum Wiedersehen mit Alexander Prass kommt, wird es für Schicker nun darum gehen, sich auf noch höherer Ebene zu beweisen. In den Geschichtsbüchern des SK Sturm Graz hat Andreas Schicker seinen Platz allenfalls sicher.

Nikolaus Fink