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Monday | June 30

Mit Jamie Leweling und Atakan Karazor hat der VfB Stuttgart womöglich schon bald zwei weitere Nationalspieler in seinen Reihen. Trainer Sebastian Hoeneß findet es verrückt - und bereut scherzhaft eine Fehlentscheidung.

Will im DFB-Team "direkt beweisen, dass er da auch hingehört": Jamie Leweling.

Will im DFB-Team "direkt beweisen, dass er da auch hingehört": Jamie Leweling. IMAGO/Sportfoto Rudel

Maximilian Mittelstädts Empfehlung hatte Julian Nagelsmann mutmaßlich nicht gebraucht, als es darum ging, einen Vertreter für den verletzten Jamal Musiala zu finden. Trotzdem hatte der Linksverteidiger des VfB Stuttgart nach dem 1:1 gegen Sparta Prag in der Champions League besonders für einen Teamkollegen geworben: Jamie Leweling, der drei Tage später prompt eine Einladung vom Bundestrainer erhielt.

"Alle Spieler, die deutscher Herkunft sind und bei uns in der Startelf stehen, haben das Recht, dort zu spielen", hatte Mittelstädt über weitere potenzielle VfB-Nationalspieler gesagt. "Jamie macht es aktuell sehr gut, hat sehr viele gute Spiele in letzter Zeit gemacht und bringt sehr viel Energie rein." Jetzt darf der 23-jährige Flügelstürmer nach elf Einsätzen für die U 21 (ein Tor) auf sein erstes A-Länderspiel hoffen.

Lewelings rasante Entwicklung vom Chancentod zum "klaren Spiel"

"Es ist verrückt, das ging jetzt sehr schnell. Das sieht er selbst ähnlich", verriet VfB-Trainer Sebastian Hoeneß am Freitag. "Ich wusste vorher schon, dass er eine große Rolle in den Überlegungen von Julian spielt. Und anscheinend sind die so groß gewesen, dass er jetzt der erste Nachrücker ist. Das ist schon sensationell für ihn und für uns alle." Auch Leweling war bewusst, dass Nagelsmann ihn auf dem Zettel hat, dachte seit der Kader-Bekanntgabe am Donnerstag aber, "dann halt beim nächsten Mal", so Hoeneß. "Er wusste, dass das zur Debatte steht. Er will direkt beweisen, dass er da auch hingehört."

Zwar hatte ihn Hoeneß 2023/24 in jedem Pflichtspiel eingesetzt, nachdem er von Union Berlin ausgeliehen worden war. Oft war ihm aber nur die Joker-Rolle geblieben und bei den Fans bei allem Engagement ein Chancentod-Image. "Ich meine schon, dass das eine oder andere auch ein bisschen negativer betrachtet wurde", erinnerte Hoeneß, der Leweling eine kontinuierliche Weiterentwicklung bescheinigt. "Die Bereitschaft war immer da - Körperlichkeit, Zweikampfstärke, Wucht hat er immer gezeigt." Und "irgendwann" sei auch vor dem Tor "der Knoten geplatzt. Jetzt ist er auch da effektiv. Er ist in der Lage, über eine sehr gute Schlagtechnik, mit rechts und mit links gut abzuschließen, aber auch gut zu flanken. Deswegen kommen jetzt einfach auch Scorer dazu."

Vier sind es nach acht Pflichtspielen 2024/25 (ein Tor, drei Assists), elf waren es in 38 in der Vorsaison (4/7). "Wir haben mit ihm daran gearbeitet, ein klares Spiel zu entwickeln, klare Aktionen zu haben. Eins-zu-eins gehen, wenn es möglich ist, und wenn nicht, noch mal rauszugehen aus der Situation, nach hinten wegzuspielen, sich nach vorne wieder freizulaufen, im entscheidenden Moment ohne Ball in der Box aufzutauchen. Da hat er richtige Schritte gemacht", ging Hoeneß ins Detail. "Er bringt ein Profil mit, das für jeden Trainer spannend ist. Das sind die Infos, die ich auch weitergegeben habe, als ich gefragt wurde."

Hoeneß versteht Karazors Argumentation - und braucht die U 21

Dass mit Atakan Karazor noch ein weiterer VfB-Profi am Freitag erstmals für die - türkische - Nationalmannschaft berufen wurde, freut Hoeneß nicht minder. "Er bringt schon über einen langen Zeitraum gute Leistungen, nimmt eine sehr zentrale Rolle ein und hat extrem mitgeholfen, dass wir einen super Verlauf genommen haben." Karazor, der auch für die DFB-Elf spielberechtigt wäre, hatte seine Entscheidung für die Türkei mit der besseren sportlichen Perspektive erklärt. "Ich kann seiner Argumentation folgen", betont Hoeneß. "Er sieht für sich dort einfach größere Chancen, dann auch wirklich zu spielen."

Dass der VfB aktuell gleich sechs deutsche und zahlreiche andere Nationalspieler stellt, findet Hoeneß "verrückt" und "enorm". Für die Länderspielpause kündigte er vorsorglich trotzdem an: "Wir machen keine Pause, aber wir brauchen die U 21 für unser Testspiel gegen Ulm, das steht fest."

Etwas ausgeben müssen Leweling und Karazor nach ihren Nominierungen nicht. "Wir haben versäumt, das einzuführen", haderte Hoeneß gespielt mit dieser Fehlentscheidung. "Das jetzt einzuführen, wäre nicht fair."